Gruppendiskussion

Bei dem in Modul 1 angewendeten Methodenformat handelt es sich um eine mittels Leitfaden strukturierte Gruppendiskussion (Vogl, 2014). Sie wurde am 23. November 2019 im Kontext einer Probe von Ina Klare mit den Mitgliedern der Band Close to the Distance durchgeführt. Das Gespräch wurde mit einer Voice Memo App am Smartphone mitgeschnitten und transkribiert sowie ausgewertet.

Bei der Erstellung des Leitfadens wurde bewusst auf einen Fragebogen von Julius Bahle (1936) zurückgegriffen, den dieser für seine Arbeit zum musikalischen Schaffensprozess (1936) als »Fernexperiment mit zeitgenössischen Komponisten« (Bahle, 1936, V: 4–16) entwickelt und verwendet hatte. Damit sollte ein historischer individuenbezogener Ansatz, der zwar vielversprechende Ergebnisse lieferte, aber seitdem nicht mehr aufgegriffen wurde, auf seine Anschlussfähigkeit getestet werden. Von besonderem Interesse waren Bahles Fragen nach den eigenen chronologischen Entstehungsphasen, nach der Abhängigkeit der Kompositionen von der dichterischen Vorlage, nach möglicherweise vorher vorhandenem musikalischen Material, das für vorherige Kompositionen nicht verwendet worden war, nach ästhetischen Normen, Richtlinien und Prinzipien sowie nach dem Einfluss durch andere Komponisten.

Der Leitfaden wurde in zweierlei Hinsicht erweitert: bezogen auf die Wahrnehmung von musikalischen Schaffensprozessen in Gruppen sowie in Anlehnung an Obert (2014) um neue Techniken zur Aufnahme und Bearbeitung von Musik. Da es sich bei der Gruppendiskussion um ein Erhebungsformat handelt, das an der Schnittstelle zwischen Leitfadeninterview, Fokusinterview und Gruppendiskussion angesiedelt ist, folgt es methodologisch u.a. den Darstellungen Cornelia Helfferichs (2014) und Susanne Vogls (2014).

Leitfaden der Gruppendiskussion

  • Wenn mehrere Personen am Kompositionsprozess beteiligt sind, wie genau funktioniert das Zusammenarbeiten?
  • Bei einem (vorher) fertigen Text: wird der Text von der gleichen Person vertont? Wenn nicht: worauf wird beim Komponieren geachtet?
  • Wenn erst die Musik fertig ist: Wie genau wird am Text gearbeitet?
  • Wann werden besonders häufig Dinge verändert?
  • Wie oft wird während der Probe an einem Song noch etwas geändert? Gibt es ›Deadlines‹ oder kann ein Song beliebig lange verändert werden?
  • Werden zwischen den Proben Notizen oder andere Arten der Gedächtnisstütze verwendet, um Ideen zu Songs nicht zu vergessen?
  • Gibt es einen ›üblichen‹ Weg oder ein Vorgehen beim Entwickeln der Songs, das sich über die Zeit etabliert hat?
  • Welche Rolle spielen beim Entstehen persönliche Themen (also biographische Ereignisse, gesellschaftliche Themen, Atmosphäre in der Band etc.)?
  • Welche Rolle spielen äußere Faktoren beim Entstehen (also räumliche Aspekte wie Probenraum oder bekannte Konzertlocation, technisches Equipment, Besonderheiten der verwendeten Instrumente, Mikros etc.)?